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Familie Brake

Clara Ratzka über Familie Brake
Pressestimmen damals
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Clara Ratzka über Familie Brake
Clara Ratzka über "Familie Brake" und ihre Heimatstadt Münster als sie mit ihrem dritten Mann nach England geht:

"Damals hatte die Zeit noch mütterliche Augen, ihr Herzschlag ging ruhig." Das steht in meiner "Familie Brake". Man hat diesen Satz herausgeholt, und wie ein Motto über mein Buch gesetzt. Ich habe mich darüber gefreut, denn während ich schrieb, war ich in die mütterliche Geborgenheit einer Zeit versunken, die ich zerrinnen sah, und die ich in Dank und Liebe festhalten wollte. 
In einem Buch, das meiner westfälischen Heimat gehören sollte, mußte ich das Gute niederlegen. Man sollte es sehen, nach langen Jahren noch. Man sollte die Wärme spüren, Familiensinn, herzhafter Humor, alte Gebräuche, Stadtbilder, das sollte zusammenklingen als Heimatmelodie, ich glaube, es ist mir gelungen.
Wir gehen nun nach England und fahren in die Nacht hinein.Da ich in Eisenbahnwagen nicht schlafen kann, hörte ich die Namen all der deutschen Städte auf unserem Weg. Am Morgen gegen acht Uhr kam dann Münster, meine Heimatstadt. Hier habe ich meine ganze Jugend verbracht, hier steht unser Elternhaus, und hier liegen mein Vater und meine Mutter begraben. 
Zwei Menschen ruhen neben ihnen, die mir ganz nahe geblieben sind, meine Großmutter mütterlicherseits und eine junge schöne Schwester meiner Mutter, die früh gestorben ist. 
Meiner Großmutter habe ich in "Juliane" gedacht und meiner entzückenden jungen Patentante immer wieder, wenn ich ein lebensvolles Wesen gestalten wollte, feinnervig und heiter.
Zwei meiner Geschwister mit ihrer Familie wohnen noch in Münster, und oft beneide ich sie, daß sie von dem unauslöschlichen Zauber dieser alten herrlichen Stadt umgeben sind.
Wenn auch hier Krieg und Revolution vieles verändert haben, es ist immer noch das köstliche und schöne Münster mit seinem Hang zur Behäbigkeit und seinen sturen, selbstbewußten Menschen. Alles Enge sei ihnen verziehen - sie sind Westfalen!
Im Vorüberfahren habe ich sie gegrüßt und alles, was ich dort liebe. Wenn ich auch die Kirchtürme und Giebelhäuser nicht sah, ich wußte, sie liegen wohlverwahrt im Kranze der golddurchfunkelten Linden. Möge es immer so bleiben.
Oft denke ich, wenn das Alter kommt, ziehe ich in meine Heimatstadt, in ein schlichtes, diskretes Patrizierhaus. Am liebsten aber in einen Hof, nicht weit vor den Toren. Er muß mächtige Bäume haben und einen sonnigen Garten, dann wäre ich glücklich. Bin ich es jetzt nicht? Oh ja, aber auf ganz andere Art. ..."

 

Der Roman
....."Sättken, was is denn los? Nu man sachte, sachte." Der Metzgergeselle Willem Heese hielt mit dem einen Arme seine Mulde geschultert, den andern breitete er vor einem fixen, drallen Mädchen aus, das spornstreichs die Wankelgasse heruntergelaufen kam.
"Hachott, Willem, lat doch den Snack, ik mot to de Bahne, ik mot rennen!" Sie versuchte, in der engen Gasse neben ihm herzuschlüpfen, aber er vertrat ihr den Weg.
"Rennen mußte, du lecker Wichtken? Nu kik äs an."
Er faßte ihr Kinn.
"Nee, nee, Willem. Wat biste forn unwiesen Kerl. Morgen is doch de graute Tag. De ganzen Brakes kommen, un alle, die Familie an uns sind. Ik mot to de Bahne." Sie bekam einen roten Kopf vor Ärger und Aufregung.
"Ik mot auk to de Bahne," sagte Willem Heese lachend, machte kehrt und ging mit ihr durch die Wankelgasse und den Katthagen. Sie waren schon bis zum Überwasserkirchplatz gekommen, da blieb Settchen stehen, schnappte nach Luft und rief: "Meinee! Wat hab ik nu vergetten!" Sie rannte sofort zurück und ließ den Metzgergesellen stehen.
"Sie is rein aus'n Häuschen," sagte Willem und ging hinter ihr her.
Aber Settchen kam nicht wieder. Sie sollte beim Bäcker Schäffer hereinspringen und Kaneelbrezel bestellen, aber sie wußte für die Welt nicht mehr, wieviel es gewesen war.
Drei Tage lang hatte ihr jeder im Hause Aufträge gegeben -......

 

Pressestimmen damals
Weser-Zeitung, Bremen:
"Dieser Roman ist ein Stück Heimatkunst im besten Sinne des Wortes, herausgewachsen aus einem stärksten Verbundensein mit der Scholle, die hier Westfalens `Rote Erde´ist, und aus der Gefühlskraft alter enger Familienbande und Traditionen. Clara Ratzka hat, was in unserem grüblirisch reflektierenden Zeitalter selten ist, die unmittelbare Lust am Fabulieren und eine sehr farbig lebendige Gestaltungsgabe."

Literarischer Ratgeber, Berlin:
"Damals hatte die Zeit noch mütterliche Augen, ihr Herzschlag ging ruhig." - Dieser Satz aus der `Familie Brake´kennzeichnet die Atmosphäre, in der dieser blühende Roman spielt. Und deutsch ist er, deutsch bis in die feinsten Äderchen des vielgestaltigen Lebens, das in ihm pulsiert.